In der Kita Regenbogen bestimmen die Kinder mit
Schlangen. „Ich will Nutella-Brote“, „Ich will Schnitzel essen“ – ein Vorschlag nach dem anderen werfen die 19 Kinder der Kinderversammlung in den Raum. Ihre Aufregung und Ideenreichtum ist verständlich, schließlich steht den älteren Kindern der Johanniter-Kindertageseinrichtung Regenbogen in Schlangen ein großer Tag bevor: Der Abschied von ihrer Kindergartenzeit und der Neustart als frischgebackenes Schulkind. „Zum Abschied werden wir großen Kinder hier in der Kita übernachten“, erklärt die sechsjährige Yasemin dem Landtagsabgeordneten Dr. Dennis Maelzer (SPD), der die Kita Regenbogen besucht. „Aber ohne Eltern, wir sind doch jetzt groß!“, bekräftigt der ebenfalls sechsjährige Robert. Dass Übernachtungen in Kitas weiterhin mit wenig Bürokratie möglich sind, dafür hat sich der SPD-Politiker selbst aktiv im Familienausschuss eingesetzt, nachdem ein missverständlicher Erlass des Heimatministeriums für große Verunsicherung gesorgt hatte.
Wie genau ihr großer Tag des Abschieds aussehen wird, was sie essen und was sie unternehmen, das bestimmen die Kinder in der Kita Regenbogen selbst. In der Kinderversammlung darf jeder Vorschläge machen und anschließend wird demokratisch darüber abgestimmt. „Ich finde es wunderbar, wenn schon die Jüngsten zum Mitbestimmen ermutigt werden“, sagte der SPD-Politiker, der selbst Vater einer kleinen Tochter ist.
Die Johanniter-Kita betreut 91 Kinder im Alter von null Jahren bis zu ihrem Schuleintritt. Mitbestimmung und Partizipation sind ein Pfeiler der pädagogischen Arbeit: So gibt es zum Beispiel in der Kita seit einem Jahr ein Kinderparlament, das ein gewichtiges Wort mitzusprechen hat bei der Gestaltung des Kita-Alltages. Yasemin ist eine der sechs gewählten Vertreter in dem Kinderparlament und weiß daher schon ganz genau, wie Demokratie funktioniert, wie man sich einbringt und dass sie aber auch zurückstecken muss, wenn die Mehrheit anders entscheidet. Manchmal gäbe es deswegen auch ein bisschen Streit, erzählt sie, aber dann vertrügen sich alle wieder ganz schnell. „Nicht viel anders läuft es bei uns in Düsseldorf auch“, schmunzelt Dr. Maelzer.
„Wir richten unser Augenmerk stark auf das, was das Kind kann. Und eben nicht auf mögliche Defizite. Damit fördern wir die Kinder in ihrem Selbstbewusstsein und ihrer Persönlichkeitsentwicklung“, sagt Leiterin Marion Gurcke. Johanniter-Regionalvorstand Matthias Schröder ergänzt: „Auch in unseren anderen beiden Kitas und drei OGS legen wir größten Wert auf Mitbestimmung und Partizipation. Die Kinder erfahren so, dass uns ihre Meinung wichtig ist und wir sie ernst nehmen. Aber sie erleben auch die Konsequenzen ihrer Entscheidung.“
Die pädagogische Arbeit vor Ort und ihre politischen Rahmenbedingungen waren Thema beim Austausch von Marion Gurcke und Matthias Schröder mit dem Landtagsabgeordneten in der Kita. Dr. Dennis Maelzer ist familienpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. Er beschäftigt sich seit Jahren mit den politischen Rahmenbedingungen für frühkindliche Bildung und Erziehung und hat zuletzt einen Antrag zum Thema „Sockelfinanzierung“ von Kitas mit eingebracht, indem die SPD eine Abkehr vom jetzigen Modell der chronischen Unterfinanzierung über einzelne Kitaplätze fordert.
Hauptanliegen der Johanniter in der aktuellen Debatte ist das Wohl der Kinder, und dafür sind die Johanniter als Träger auch bereit, ihren Anteil zu leisten, indem sie beispielsweise sehr viel in Aus- und Fortbildung ihrer Mitarbeitenden investieren. Als Träger möchten die Johanniter mehr Planungssicherheit und ein Ende der allgemein anerkannten strukturellen Unterfinanzierung des Kita-Systems erreichen. Leiterin Marion Gurcke wies auf die sich verändernden Bedingungen in der Lebens- und Arbeitswelt von Familien hin. Das muss das neue Kibiz miteinbeziehen, flexibel sein und trotzdem planbar. Es gilt, sich den Herausforderungen zu stellen – und die sind in jedem Sozialraum anders. „Hier wird mit sehr viel Engagement und Einfühlungsvermögen auf die Kinder und die Bedürfnisse ihrer Familien eingegangen“, resümierte Dr. Dennis Maelzer zum Abschluss des Gesprächs.
Johanniter-Kindertagesstätte in Schlangen im Regionalverband Lippe-Höxter
Die Johanniter-Kindertagesstätte Regenbogen bietet in fünf Gruppen Plätze für insgesamt 91 Kinder im Alter von null Jahren bis zur Einschulung. Die Einrichtung wird derzeit von Kindern aus rund sechs Nationen besucht, darunter Syrien und Nigeria. Alle werden als einzigartige Persönlichkeiten angenommen, die ihre individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten in die Gemeinschaft einbringen; denn: „Im Mittelpunkt unseres Handelns steht der Mensch, dem wir mit Respekt begegnen.“ Nach diesem Leitbild arbeitet nicht nur die Kindertagesstätte Regenbogen, sondern alle 57 Kindertagesstätten der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. in Nordrhein-Westfalen. Eine davon, die Johanniter-Kita in der Ackerstraße in Bergneustadt, ist kürzlich mit dem zweiten Platz beim Deutschen Kita-Preis 2018 (www.deutscher-kita-preis.de) prämiert worden, einer Initiative des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und Partnern.
Drei Kindergärten betreiben die Johanniter in Lippe, ab 1. August wird eine weitere Einrichtung in Schlangen eröffnet und auch im nächsten Jahr werden weitere in Lippe hinzukommen. „Der Bedarf an Kitas in den verschiedenen Gemeinden Lippes steigt weiterhin und so werden wir in den nächsten zwei Jahren weiter wachsen“, erklärt Matthias Schröder, Vorstand des Johanniter-Regionalverbandes Lippe-Höxter.
Bild- und Textquelle: Johanniter-Unfall-Hilfe e.V.